Ein Moorbeet mit winterharten Carnivoren

…oder der einzige wirklich gute Grund Torf zu verwenden

„Fleischfressende Pflanzen… draußen??“ – fragen mich die meisten Hobbygärtner überrascht und ich kann inzwischen gelassen antworten: „ja, überhaupt kein Problem…“ Aber, ich gebe zu, ich war erst so richtig überzeugt, als ich bei einem Familienurlaub 2007 in Canada an einem heißen Junitag in einem Nationalpark in Ontario mit dem Kanu gemächlich herum paddelte und mich in einem weichen Moossaum einer kleinen Insel festgesetzt hatte. Als ich mir die Botanik, in der ich da steckte, mal etwas genauer ansah, ragten sie plötzlich vor mir auf – echte Schlauchpflanzen (Sarracenien) mit bizarren Blüten und herrlich netzartig gezeichneten Schlauchblättern. Damit fangen sie hunderte Insekten, zersetzen sie mit speziellen Verdauungssekreten und besorgen sich so wertvolle Nährstoffe und Mineralien. Denn der saure Torfmoorboden hat nicht all zu viel zu bieten – dafür ist es eine hübsche ökologische Nische, wo es nur wenig Konkurrenz gibt. Ihre Blüten stehen an besonders langen Stielen hoch oben über den Fangblättern, damit die angelockten Bestäuber nicht gleich aus Versehen gefressen werden. Sehr raffiniert, was da im Laufe der Evolution entstanden ist.

Aber es war der Standort, der mich mindestens genauso beeindruckt hat. Denn in dieser Gegend, dem Algonquin Nationalpark in Ontario, kann es im Winter auch mal gut und gerne -30°C Celsius werden. Das bedeutete: Alles was dort wächst sollte bei uns im milden mitteleuropäischen Klima völlig frosthart sein. Damit hier keine falschen Vorstellungen entstehen – Kahlfröste in dieser Kategorie würden die meisten Pflanzen nicht überstehen. Aber mit einer isolierenden Schneedecke ist es kein Problem.

Carnivoren im eigenen Garten? Das geht!

Die Vorraussetzungen für ein kleines Moorbeet mit winterharten Carnivoren – so der Fachbegriff für „fleischfressende Pflanzen“ – im eigenen Garten waren also gegeben und wurden von mir mehrfach mit Erfolg ausprobiert. Die Einrichtung ist ganz einfach, wenn man ein paar Kniffe kennt. Zunächst braucht man ein passendes wasserdichtes Pflanzgefäß, etwa eine alte Zinkwanne oder wie in unserem Beispiel der umgekehrt eingegrabene Fuß einer Kunststoffregentonne – vom Sperrmüll gerettet und bestens wiederverwendet.

Hinein kommen jetzt einige umgedrehte Plastiktöpfe, um Volumen zu sparen und gleichzeitig später als Wasserreservoir zu dienen. Da ein Moorbeet mit fleischfressenden Pflanzen nur mit echtem, ungedüngten Torf funktioniert, sollte man trotzdem so wenig wie möglich Torf einsetzen. Torf ist ein wertvoller Rohstoff, der viel zu oft für unnötige Zwecke verschwendet wird, ein kleines Moorbeet ist jedoch eine der wenigen Ausnahmen, bei denen es ohne Torf nicht geht. Idealerweise wird der Torf vor dem Einfüllen mehrere Stunden in Regenwasser gewässert, damit er sich richtig vollsaugen kann. Nach dem Einfüllen wird mit Regenwasser aufgefüllt bis das kleine Moor kein Wasser mehr aufnehmen kann. Unter den umgedrehten Plastiktöpfen hat sich dann ein Wasservorrat gebildet, wie in einem echten Moor eben. Trotzdem empfiehlt es sich in trockenen Zeiten immer wieder mit Regenwasser nachzugießen. Dünger ist absolut tabu, da sich die fleischfressenden Pflanzen ihre Nährstoffe über den Insektenfang holen.

Nicht nur Carnivoren machen sich gut im Beet

Bei der Pflanzenauswahl bilden winterharte Schlauchpflanzen (z.B. Sarracenia purpurea und andere Arten), Venusfliegenfallen (Dionaea muscipula) und Sonnentau (Drosera intermedia) eine schöne Kombination. So hat man gleich drei verschiedene Fallentypen in einem Beet. Gerade für Kinder sind Carnivoren eine spannende Sache. Wenn im Winter kein Schnee fällt, aber Minustemperaturen angesagt sind, sollte man das Moorbeet mit Tannenzweigen oder Laub schützen. Auch wenn alle Kandidaten winterhart sind, so sind sie doch auf eine schützende Decke angewiesen. Wer im Frühjahr auch gleich noch mit schönen Blüten begrüßt werden möchte pflanzt eine pink blühende Sumpfprimel (Primula rosea) aus Nordindien hinzu. Als Besonderheit erscheinen bei ihr oft zuerst die Blüten und dann erst die Laubblätter. Alle verwendeten Pflanzen sind in guten Gartencentern erhältlich.

Diesen Text hat uns der Naturexperte Dr. Markus Phlippen freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

Wenn man in der Gärtnerei der Großeltern aufwächst und beide Eltern in grafischen Berufen tätig sind, kann aus dem Nachwuchs nur ein „Chamäleon“ werden. Markus Phlippen studierte Biologie mit Schwerpunkt Hormonforschung bei Meerestieren in Bonn, Sydney und Wales. Dann machten sich die kreativen Gene der Eltern bemerkbar und er fand als Autor und Filmemacher für Natur- und Gartenthemen die perfekte Symbiose. Über 10 Jahre prägte er als Moderator den ARD Ratgeber Haus+Garten und veränderte Deutschlands älteste Gartensendung mit jungen Themen wie beispielsweise dem ‚urban gardening’ zu einem modernen Format. Markus Phlippen lebt mit seiner Familie in der Nähe von Bonn und genießt die Vorzüge eines ‚Fast’-Weinbauklimas für eigene gärtnerische Experimente. Neuigkeiten berichtet er regelmäßig über seinen GärtnerBlog www.garten-lust.tv .

Gartenmessen.de wünscht viel Freude beim Lesen! Weitere spannende Artikel gibt es in unserem Ratgeber.



 

 

 

 


 
 
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